Abstecher in die Hölle…

Java bietet jede Menge Möglichkeiten Vulkane zu erobern, denn es gibt über 40 Vulkane davon, die mehr oder weniger aktiv sind.

Ganz im Osten von Java befindet sich das Ijen Plateau – unser erstes Ziel auf Java. Zu erreichen ist der Ijen Krater ganz easy mit einer gebuchten Tour inklusive eigenem Auto von Banyuwangi oder Bondowoso aus. Man kann es aber auch kompliziert machen und versuchen mit öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen. Im Lonley Planet und Internet finden sich hierzu relativ wenige und dann auch noch nicht ganz übereinstimmende Informationen, ob es nun einfach, günstig oder gar unmöglich ist nach Pos Paltuding, dem Ausgangspunkt der Kraterbesteigung, zu gelangen. Also mussten wir uns selbst davon überzeugen.

Angeblich sollte ja die Anreise über Bondowoso, also von Westen kommend, leichter sein. Deshalb hat uns der Bus mit dem wir von Bali gekommen sind in Situbondo kurz vor dem Dunkelwerden rausgelassen – ein Ort, der nicht mal im LP Beachtung findet. Von dort ging es einen Tag später erst mit dem Bus und dann mit dem Bemo weiter Richtung Ijen. Das Bemo lässt einen irgendwann nach drei Stunden und mehrmaligen be- und entladen an einem Security Gate raus, wo man sich registrieren muss und erst dann weiter reisen darf. Von dort sind es noch 13 – 35 km bis Pos Paltuding – die Angaben zur Entfernung schwanken da wie der momentane Wechselkurs. Und das ist nur mit einem Ojek (Motorrad mit Fahrer) möglich und auch nur für IDR 50.000 pro Person. Da kommt doch schnell die Frage auf, ob dieser Vorgang nicht einem bestimmten System folgt, denn Bemofahrten enden in der Regel ja nicht im Nirgendwo und handeln kann man in Indonesien immer. Am Ende sind wir dann doch mit dem Ojek gefahren und die Streckenlänge kam näher an 13 km als an 35 km ran. Pos Paltuding hat genau eine Übernachtungsmöglichkeit, die wieder einmal schwer grenzwertig ist. Immerhin übers Bad kann man sich nicht beschweren, es gibt nämlich keins. Kalt war es auf der Höhe von rund 1.800 m auch noch, so dass wir bei der „gemütlichen“ Unterkunft gleich mal die Sachen vom Vortag zum Schlafen angelassen haben und somit am nächsten Morgen um 4:00 Uhr recht schnell fertig waren, um zum Sonnenaufgang auf den Kraterrand in 2.368 m Höhe zu steigen.

Der Vorteil an einer Unterkunft direkt vor Ort ist: Man kann sowohl zum Sonnenuntergang als auch zum Sonnenaufgang auf den Vulkan und man muss nicht zu einer bestimmten Zeit wieder unten sein und kann sich somit so lange Zeit zum fotografieren lassen wie man möchte. Freude bei Stefan!

Der Ijen Krater ist für den Abbau von Schwefel bekannt. Im Krater des Ijen, direkt neben einem Säuresee mit einem pH-Wert von 0,2 (!!!) brechen die Arbeiter mit Stangen den Schwefel ab, der sich am Ende eines Rohres ablagert. Die Luft im Krater ist kaum zu ertragen. Das Schwefelgas bringt die Augen zum Tränen und ein pelziger Geschmack legt sich auf die Zunge. Steht der Wind auch noch ungünstig, wird man von der Schwefelgaswolke eingehüllt und das Atmen ohne Maske ist fast unmöglich  – deswegen wohl das Verbotsschild am Kraterrand nicht hinunter zu den Schwefelquellen zu steigen ;-). Man hat kurzzeitig das Gefühl in der Hölle gelandet zu sein. Für ein paar Minuten und einmal im Leben mag das alles ja funktionieren, aber die Arbeiter sind diesen widrigen Bedingungen über mehrere Jahre ausgesetzt und haben keine Schutzmaske oder nur ein feuchtes Tuch durch das sie atmen. Dass fast alle Kettenraucher sind, ist da auch schon egal.

Die Schwefelbrocken werden zu Fuß in Körben oder in Schultertaschen aus den Krater und dann weiter ins Tal getragen. Eine Ladung wiegt zwischen 70 und 90 kg. Die Arbeiter am Ijen schleppen zweimal am Tag diese Last. Sie werden per Kilo bezahlt. Die Waage am Ende des Weges entscheidet somit über den Tageslohn. Auch wenn die Körper der Arbeiter auf den ersten Blick ziemlich durchtrainiert wirken, auf den zweiten Blick erkennt man die Verletzungen im Schulterbereich die das Tragen der schweren Lasten mit sich bringt.

Warum machen Menschen einen so harten Job? Wir können die Körbe nicht einmal anheben und haben es nicht länger als 20 Minuten unten im Krater ausgehalten! Offensichtlich ist es schwer einen guten Job in der Gegend zu finden. Die Arbeiter am Ijen werden zudem bewundert, nicht nur von den wenigen Touristen. Die meisten Besucher sind Indonesier, viele direkt aus der Region – und alle fotografieren die Arbeiter, die dafür gerne ein paar Zigaretten kassieren. Und selbst, wenn man Schwefel auf dem Weltmarkt als Abfallprodukt anscheinend sehr günstig kaufen kann, der Abbau am Ijen scheint noch günstiger zu sein. Nicht zuletzt hat man den Eindruck, der Schwefelabbau am Ijen hat eine gewisse Tradition, die man versucht zu erhalten. Ziemlich verrückt, wie so vieles auf dieser Welt.

Der Abreise war im Gegensatz zur Anreise übrigens sehr komfortabel. Wir hatten uns entschieden in die andere Richtung – nach Banyuwangi im Osten – zu fahren. Es gab eine Battle zwischen Julia und Stefan, wer als Erstes einen Transport klar macht – so hatten wir innerhalb von 5 min einen mit Schwefel beladenen Lastwagen und eine komfortable Limousine zur Auswahl. Das Auto hat dann gewonnen, weil es uns direkt nach Banyuwangi gefahren hat. Von dort ging die Reise weiter, wieder Richtung Meer und zum Surfen.

8 thoughts

  1. Sehr lebendige Schilderung und im wahrsten Sinne des Wortes erneut eine „atemberaubende“ Bebilderung. Die Kontraste auf der Welt können schon erbebend sein! Weiterhin eine gute Reise verbunden mit herzlichen herbstlichen Grüßen.

  2. Phantastische Bilder! Trotz des sonnigen Gelbs des Schwefels bin ich doch sehr froh über meinen Arbeitsplatz ;-)
    Liebe Grüße York

  3. Ein toller Reisebericht. Da habt Ihr ja extreme Arbeitsbedingungen kennengelernt. Aber super zu lesen und anzuschauen. Das könnte ein toller Bildband werden.

  4. Ein sehr beindruckender Bericht, der durch die tollen Bilder die Lebensbedingungen der Arbeiter wie ein Zwangsarbeitslager im Gulag erscheinen lässt. Da dürften die Lebenserwartungen der Arbeiter sicher nicht sehr hoch sein!?
    Viel Glück für Eure Weiterreise …. und vor allem frische Luft :)

  5. Wow! Würdet ihr es im Nachhinein wieder auf eigene Faust machen? Könnt ihr noch grobe Preiskategorien geben und euch erinnern wie lange alles dauerte? Denn obwohl selbst organisiert natürlich oft die besten Abenteuer werden, hab ich leider nur knapp 3 Wochen von Lombok bis Jakarta…
    LG

    • Hey. Wir würden es auf jeden Fall alles wieder auf eigene Faust machen. Allerdings nur mit eigenem Moped. Kann man sich für max. 60000 Rupiah am Tag in Banyuwangi leihen. Spart Zeit und Geld. Die Straße zum Vulkan rauf ist steil, aber gut. Eintritt sind glaube ich 15.000 und eine relativ geringe Fotogebühr ist auch zu entrichten. Der anschließende 3 km Fußmarsch braucht keinen Führer und in den Krater kommt man auch ohne, aber ich würde mir beim nächsten Mal einen nehmen. Die organisierten Touren gehen glaube ich nicht alle in den Krater. Ich hoffe es hilft dir weiter. Liebe Grüße und gute Reise. Julia

      • Super, vielen Dank! Dann sind 1,5 Tage auf eigene Faust ausreichend und ihr würdet Sonnenuntergang wahrscheinlich empfehlen?:)
        Euch auch spannende Abenteuer! Einen schönen Blog habt ihr!

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