Lange nichts von uns gehört? Wir haben uns Zeit gelassen. Drei Wochen lang sind wir in der Everest-Region gewandert (denglisch: „getrekkt“) und haben das erst Mal auf unserer Reise den Luxus der Zeit für uns entdeckt.
Akklimatisierung
Oktober und November sind die Trekkking-Monate in Nepal. Hochsaison auf dem Everest-Base-Camp (EBC) Trek und Hochsaison für Rettungsflüge. Denn die meisten Trekker geben sich für die Standard-Route EBC nicht einmal zwei Wochen Zeit (hin und zurück). Dabei wird in jedem Reiseführer die Wichtigkeit einer Akklimatisierung des Körpers an die Höhe hervorgehoben und vor der Höhenkrankheit wird an jeder Ecke gewarnt. Sogar auf dem Trek selbst werden an einigen Orten täglich Info-Veranstaltungen zur Höhenkrankheit angeboten inkl. kostenloser Sauerstoffmessung. Einigen Reiseveranstaltern und Trekking-Agenturen scheint das ziemlich egal zu sein. Sie schleppen ihre Gäste binnen kürzester Zeit auf über 5.000 m zum EBC und/oder Kala Patthar. Dass dabei manchmal ein Drittel der Gruppe auf der Strecke bleibt, wird gekonnt überspielt. Mit Kopfschmerzen, Schwindel und Halluzinationen ist auf der Höhe aber nicht zu spaßen. Schwere Fälle der Höhenkranken müssen ausgeflogen werden. Der Heli landet in Gorak Shep (5.180m) am Fuße des Kala Patthar mehrmals täglich, um die erschöpften Touristen kurz vor ihrem Ziel abzuholen und wieder weiter Richtung Meeresspielgelhöhe zu fliegen. Für manche platzt ein ganzer Traum. Dass alles viel zu schnell geht und keine Zeit bleibt das unglaubliche Panorama, dass einem die Aussichtspunkte inmitten des Himalayas bieten, zu genießen, zeigte uns eine Szene, die wir an unserem zweiten Abend erlebten. Ein junger US-Amerikaner zeigte uns sein Video vom EBC und Bilder vom Aussichtspunkt am Kala Patthar. Beim Betrachten dieser Bilder merkte man, dass er erst in diesem Moment realisierte, wo er überhaupt gewesen war, denn oben am Berg war er zu sehr damit beschäftigt zunehmende Halluzinationen zu unterdrücken und seinen Körper zu kontrollieren, der vor Unterkühlung geschützt werden musste. Und nur weil das Erlebnis EBC-Trek in einen zweiwöchigen Urlaub passen muss. In diesem Moment waren wir froh, dass wir den Luxus der Zeit hatten und uns für die Akklimatisierung so viel Zeit nehmen konnten wie wir wollten und unser Körper brauchte.
Der Flug nach Lukla
Eingeplant hatten wir für unseren Trip 22 Tage. Allerdings wurde Stefan nach unserer Ankunft in Kathmandu erst einmal krank (zu viel BBQ auf Bali….) und wir mussten den Hinflug nach Lukla um 2 Tage verschieben, was uns zwei zusätzliche Nächte direkt über einer Knoblauch-Küche eingebracht hat. Und dann hat das Wetter unsere Ankunft in Lukla nochmal einmal um einen weiteren Tag nach hinten geschoben, denn als wir nach Lukla reinfliegen wollten, versperrten Wolken die Sicht, sodass wir umdrehen und nach Kathmandu zurückfliegen mussten – die kleinen Maschinen fliegen nur auf Sichtflug. Wieder gut, dass wir Zeit mitgebracht hatten, denn andere Touristen fingen an aufgrund ihres eng gesteckten Zeitplans schon Panik zu schieben, überhaupt noch am EBC anzukommen und haben direkt den Heli gebucht. Für die weitere Extranacht in Kathmandu haben wir uns aber gegen die Knoblauchküche und für Pizza mit Rotwein entschieden. Im dritten Anlauf brachte uns eine Twinotter von Tara Air  dann endlich nach Lukla – einen der gefährlichsten Flughäfen der Welt. Spätestens beim Landeanflug auf Lukla weiß man warum. Die kurze und steile Lande- und Startbahn (460 m lang, 20 m breit, 12% Neigung) endet auf der einen Seite direkt am Fels und auf der anderen Seite wartet ein tiefer Abgrund, so dass auch nur bei der kleinsten Ungenauigkeit des Piloten ein Totalschaden des Flugzeugs unvermeidlich wäre. Aber es ist alles gut gegangen und nach der Flugaction ging es dann auch recht gemütlich weiter.
Trekking in der Everest-Region
Unser Weg führte uns von Lukla über Namche Bazaar erst durchs Gokyo-Tal bis zum Gokyo Ri (5.360 m), weiter über den Cho La Pass (5.420 m) bis zum Kala Patthar (5.550 m) und Everest Base Camp. Zurück und somit bergab ging es auf der EBC-Hauptroute entlang mit Abstecher über Phortse und Khumjung zurück nach Lukla. Am Ende waren wir 19 Tage unterwegs. Stress hatten wir dabei keinen. Auf unserem Weg nach Gokyo haben wir noch einen Extra-Akklimatisierungstag in 4.200 m Höhe eingelegt, denn Julia hat die Höhe doch mehr gespürt als erwartet. Schon komisch, dass einem der Körper plötzlich Grenzen aufzeigt, die man nicht kennt und auch nicht bis kaum beeinflussen kann. Der Aufstieg war insgesamt betrachtet aber sehr gechillt, weil man ja pro Tag nicht mehr als 300 Höhenmetern macht. Der Abstieg war das schon anstrengender, weil man plötzlich so viel Strecke an einem Tag schafft. Die Aussichtspunkte am Gokyo Ri und Kala Patthar sowie die Cho La Passüberquerung waren für uns die absoluten Highlights. Insbesondere über den Pass wurde auf unserem Trek viel geredet und von „geht gar nicht“ bis „alles halb so wild“ gab es sämtliche Meinungen bei den Trekkern.
Kurze Hintergrundinfo: Im Oktober hatte es ungewöhnlich viel Schnee gegeben und alle Pässe waren zeitweise gesperrt. Hinzu kamen die sehr kalten Temperaturen, die es sonst erst im Dezember gibt. Und nicht zuletzt gab es einige Guides, die ihren Gästen dringend von den Pässen abgeraten haben. Wie wir später erfahren haben lag das Abraten oft an der nicht ausreichenden Erfahrung und Ausrüstung der Guides selber (Niedrigpreisstrategie…).
Also blieb uns nichts anderes übrig als es selbst zu probieren. Am Ende war es zwar anspruchsvoll, weil es durchaus einige eisige Stellen gab, aber alles halb so wild, wenn man schon mal in den Bergen unterwegs war.
Die Aussichten, die man unterwegs hat, entschädigen am Ende sowieso für alles. Wir hatten auch ziemliches Glück mit dem Wetter. Auch wenn wir in den ersten Tagen noch einige Wolken hatten, spätestens am Kala Patthar war die Sicht so klar, dass man das Gefühl hatte, man ist dem Gipfel vom Everest zum greifen nah. So ein Tag motiviert dann auch nach dem Mittag ein zweites Mal zum Sonnenuntergang auf den Kala Patthar zu gehen. Denn wir hatten ja Zeit. Und in der Tat durften wir da oben einen der besten Sonnenuntergänge EVER erleben…
Alltag in den Bergen
Der Tagesablauf auf solchen Treks ist kurz gesagt fast immer gleich:
Schlafen – Aufstehen – Frühstücken – Wandern – Mittag – Wandern / Chillen – Abendessen – Schlafen.
Wir haben auf dem gesamten Weg in den sogenannten Teehäusern gegessen und geschlafen. Das ist absolut die sinnvollste Variante, wenn man ohne Porter unterwegs ist und sein Essen und Zelt nicht drei Wochen selbst durch die Berge tragen möchte. In den Teehäusern kann man für durchschnittlich $ 1,00 pro Nacht pro Person schlafen, wenn man dort auch konsumiert. Die Zimmer sind sehr einfach und ab 4.000 m ist es trotz Decke ohne eigenen Schlafsack viel zu kalt (denn ab hier gefriert das Wasser nachts im Zimmer), aber man hat zumindest ein Dach über dem Kopf und vier Bretter drumherum.
Uns gefällt übrigens die Variante, dass nur die variablen Kosten (also Essen und Trinken) auf die Gäste übertragen werden recht gut. Denn man zahlt so nur für das, was man isst und trinkt. Das Bett ist ja eh da. Auf dem Trek wird es außerdem für jeden Wanderer nachvollziehbar, warum es in der Höhe teurer wird. Jeden Tag begegnen einem unendliche viele Porter und Yaks, die Essen, Getränke, Öfen oder Toilettenartikel den Berg hinauf tragen, damit den Gästen überall eine ähnlicher Standard geboten werden kann. Nur dass es eben länger dauert und teurer ist, diesen Standard auch in 5.000 m Höhe zu bieten. So haben wir an Spitzentagen und der Höhe $ 25,00 pro Person gebraucht. Getrunken haben wir Milchtee und (desinfiziertes) Wasser vom Berg. 3 – 6 Liter täglich. Nur zum Sonnenuntergang am Kalar Patthar gab es ein Everest-Bier. Gegessen haben wir Porridge zum Frühstück, Maccaroni zum Mittag und Dhal Bhat am Abend. Nicht besonders abwechslungsreich, aber es schmeckt überall etwas anders. Dhal Bhat ist klassisch nepalesisch und besteht aus Reis, Linsensuppe und Currygemüse (mal mit und mal ohne Curry). Es ist außerdem ist das perfekte Essen für Stefan, denn Dhal Bhat wird so lange nachgereicht, bis man wirklich satt ist.
Wir haben den gesamten Trek ohne Guide und ohne Porter gemacht. Wir wissen wie wichtig das Porterwesen für die Region ist und zollen den Trägern unseren höchsten Respekt. Dennoch konnten wir unser Gepäck, dank Rundum-Versorgung in den Teehäusern, locker selbst tragen und wenn man auf der Hauptroute bleibt braucht man den Guide wohl nur für Zusatzinformationen. Und dennoch, wir haben auf dem Weg genug Touristen gesehen für die Guide und Porter wirklich sinnvoll waren. Mit dem Trek ist es wie mit dem Autofahren in Tirol – entweder das Tal rein oder raus und hier in Nepal auf dem Weg links oder rechts vom Fluß ;-)
Special Thanks!
Die Routenplanung kommt nicht irgendwo her… Danke an Mario Pesl, der die Route letztes Jahr getestet hat. Das nächste Mal ist auch bei uns ein Gipfel dabei!
Info für Selbstträger – Unsere Packliste:
- Schlafsack (Daune, Comfort Temperature: – 2 Grad)
- Trekking-Schuhe +Â Turnschuhe
- 1 Fleecejacke
- 1 Primaloft-Jacke bzw. Fake-Daunenjacke
- 1 Wind-/Regenjacke
- 1 Pulli bzw. Hemd
- 2 Funktions-T-Shirts, 2 normale T-Shirts (davon 1 zum Schlafen)
- 1 Trekkinghose lang, 1 kurze Funktions-Hose
- 1 Fleecehose
- 1 x warme Unterwäsche
- 4 Paar Socken +Â warme Schlafsocken
- Buff + Mütze + Schlafmütze
- Handschuhe
- Sonnenbrille
- Wasserflasche + Wasser-Desinfektion
- Kamera + Akku + Aufladegerät
- Handy + Aufladegerät
- Kindl
- Notizbuch + Stift
- Landkarte + Reiseführer
- Stirnlampe
- Müsli- und Schokoriegel
- Teebeutel
- Erste-Hilfe-Set + Medikamente (die Üblichen, je nach dem was man braucht. Nicht vergessen: Diamox)
- Hygiene & Co: Zahnbürste, Zahnpasta, Shampoo, Haarbürste, Deo, Sonnencreme, Lippenbalsam, Nagelschere, Blasenpflaster, Tape, Hygienetücher.
- Wundertüte Julia: Batterien, Kartenspiel, Würfel, Feuerzeug, Taschenmesser, Campingbesteck, Wäscheleine.
Hallo ihr Zwei! WOW da wird mir ganz warm ums Herz… Die AmaDablam – im Basecamp war ich im Oktober 2010…. und die Zimtschnecken in den verschiedenen German Bakerys entlang des Kumbutreks…. soooo lecker :-)
Wunderbare Bilder Stefan – hab ein richtiges Dejavu…
Ich wünsch Euch weitherin alles Gute und geniesst den Luxus Zeit!
Lieben Gruss aus der Heimat, Petra
Vielen Dank, Petra.
Schön von euch zu lesen und zu sehen. Erneut beeindruckende Bilder. …und falls es interessiert: Morgen geht’s bis zum Ende der nächsten Woche zum Saison Opening mit dem Westdeutschen Skiverband auf den PITZTALER GLETSCHER! Werde der kleinen „Wildspitze“ erläutern, dass ihr 2 gerade bei den großen Brüdern verweilt und werde zeitgleich auf 3.440 m einen Tost auf euch aussprechen. Herzlichste Grüße Olaf
Hallo Olaf, jetzt interessiert uns natürlich, was die kleine Wildspitze gesagt hat? Wir hoffen am Pitztaler Gletscher hat es euch wie immer gefallen. Liebe Grüße, Julia und Stefan
Hallo ihr 2! Zunächst die Nachricht: Der Pitztaler Gletscher ist in bester Verfassung und die Schneelage ist perfekt. Der Winter ist voll angekommen. Wie versprochen, habe ich auf 3440 einen Tost auf euch ausgesprochen und anschließend auf der Plattform mit dem „Mega-High-Tech-Fernrohr“ in die Ferne geblickt. Dabei flüsterte die kleine Wildspitze mir zu, dass sie liebe Grüße bestellt und euch weiterhin viel Spaß und Freude wünscht. …und auf einmal wurde es ganz leise und still und das heimelige und warme Gefühl der Adventszeit war da! Liebe Grüße Olaf
Ein HALLO an die zur Zeit „weit entfernte“ Verwandschaft! Man, die Bilder sind ja wirklich wieder grandios!!! Und beim Lesen des Textes fühle ich mich ein bißchen, als wenn ich dabei bin – würde mir natürlich noch nicht mal im Traum einfallen, dort „herumzukraxeln“! :-) Schön, wieder von euch zu lesen und (auf den Fotos) zu sehen – hatte schon Sorge, weil so lange nichts kam… Viele herzliche Grüße und warme Gedanken an euch beide – bleibt gesund und munter!!! Alles Gute aus der Marmeladenstadt im schönsten Bundesland der Welt von Maren
Hallo ihr Beiden; Euer Bericht und die Fotos sind wieder einmal überwältigend. Man kann sich damit in Eure Erlebnisse und Eindrücke ein wenig hinein versetzen und kann nur staunen. Die Zeit bleibt nicht stehen; aber die Vernunft hat Euch gesagt: „lauft der Zeit nicht hinterher, sondern sie ist der Level für das Mögliche .“ Weiterhin viel Glück und Kraft für die neuen Abenteuer und herzlichste Grüße Papa (Klaus).
„Wenn du es eilig hast, gehe langsam!“
Diesen Spruch möchte ich euch mit auf euren Weg geben, der noch lange nicht zu ende ist. Nur wenn man sich genügend Zeit läßt, so wie ihr es jetzt gemacht habt, kommen so fantastische Bilder zustande. Ich bin begeistert!
Und wieder einmal: lasst euch umarmen und dann umarmt die ganze Welt!
Gitti
Hallo Julia&Stefan,
wieder einmal lasst Ihr uns an Eurer Hochzeitsreise teilhaben. Und das mit einem so anschaulichen Bericht und den Fernweh verbreitenden Fotos. Vielen Dank Euch dafür.
Mit herzlichen Grüßen
Euer York
PS: heute kam der erste Schnee auch in Wernigerode an.
Hallo Ihr Lieben,
das ist schon ein echter Luxus, wir beneiden Euch dann doch ein wenig! Uns brummt hier der Kopf….ich glaube wir leben gerade genau das Gegenteil von Euch. Die Bilder sind wirklich mal wieder sehr schön, hängen geblieben bin ich bei den drei Mädels die bestimmt nicht viel haben uns sooo glücklich aussehen beim spielen, da könnten sich einige hier mal eine Scheibe abschneiden…..
Wir wünschen Euch auf jeden Fall noch viele schöne Erlebnisse….
Conny und Matthias
Auch wenn das bei euch ja schon ne Weile her ist und ich erst jetzt auf diesen grandiosen Eintrag stolpere – ihr schürt Trekkingfieber, danke dafür. Bei uns wartet das EBC im März und ich kann es kaum erwarten :)