Dunkelheit, Nässe und Kälte bestimmen inzwischen den Großteil der 24 Stunden, die einem täglich zur Verfügung stehen. In einer warmen Unterkunft alles kein Problem, aber im Zelt… ,Nicht auszuhalten‘ wäre zwar übertrieben, aber ,angenehm‘ ist was anders. Aus diesem Grund haben wir uns auf die Suche nach Alternativen begeben. Budgetorientierte Alternativen natürlich. Wie wunderbar, dass es in Neuseeland über 900 Hütten in den Bergen gibt, auf die man ausweichen kann.
Wir haben uns vom Meer verabschiedet, unseren Rucksack gepackt und sind mal wieder unter die Wanderer gegangen. Es ging ins Fiordland im Südwesten der Südinsel Neuseelands. Unsere Anforderung an die bevorstehende Wanderung: Wir wollten auf jeden Fall drei Nächte in Hütten schlafen. Und da waren wir dann wieder bei den ,Great Walks‘ angekommen. Auf der Nordinsel hatten wir diese ja noch kategorisch ausgeschlossen, aber inzwischen ist es Mai. Am 1. Mai wurde offiziell die Wintersaison auf den Great Walks eingeläutet. Das bedeutet: keine Voranmeldung, keine überteuerten Hüttentickets und keine vollen Hütten mehr. Wir haben uns spontan für den Kepler Track entschieden. Eine 60 km Wanderung mit drei Übernachtungen in drei verschiedenen Hütten. Das Hüttenticket muss wie im Sommer vorab gekauft werden. Allerdings kann man selbst entscheiden, an welchem Tag man losziehen will. Im Sommer muss man diesen Tag zum Teil Wochen im Voraus festlegen. Da kann man nicht mal eben eine sonniges Wetterfenster nutzen. Im Winter kostet das Hüttenticket pro Nacht und pro Person $ 15,00. Nur zum Vergleich: Im Sommer kostet dieselbe Übernachtung $ 54,00. Der einzige Unterschied: Gas zum Kochen und Toiletten mit fließend Wasser werden zur Verfügung gestellt. Im Winter ist das Gas selbst mitzubringen und es gibt nur ein Plumpsklo. Können wir sehr gut mit umgehen. Verpflegung und Schlafsack ist in jedem Fall selbst mitzubringen. Die Wanderung führt vom Lake Te Anau durch den Wald hoch in die Berge. Oberhalb der Baumgrenze geht es über verschiedene Bergkämme mit wirklich guten Aussichten weiter. Wir hatten für diesen Teil der Strecke einen wunderschönen Herbsttag mit guter Fernsicht erwischt. Und so konnten wir vom Mt. Luxmore nicht nur das Fiordland sondern auch die Berge der Südalpen bewundern. Eine interessante Mischung aus Seen, Wäldern, Bergen und Farmland. Irgendwann führt der Weg wieder hinunter in den Märchenwald (oder Weihnachtswald wie ihn Stefan getauft hat – wegen dem ganzen Lametta an den Bäumen) und zieht sich dann über einen kilometerlangen Waldweg durchs Tal und vorbei am Lake Manapouri zurück zum Ausgangspunkt. Einen kurzen Abstecher haben wir für unsere dritte Übernachtung eingelegt. Statt in der großen Hütte zu schlafen, haben wir uns für eine kleine Hütte mit nur sechs Betten entschieden. Die Shallow Bay Hut ist wunderschön am See gelegen und mit offenem Kamin ausgestattet.
Trotz der Wintersaison waren die Hütten während unserer Wanderung sehr gut besucht. Fiordland ist die wohl regenreichste Region Neuseelands und drei regenfreie Tage sind eher selten. Und so hatten sich viele Leute, darunter auch einige Einheimische, spontan auf den Weg gemacht.
Nach drei Nächten Zeltpause waren die folgenden drei Nächte im Zelt wieder gut auszuhalten. Auf dem Kepler Track haben wir von einem Pärchen aus Wanaka (das ca. 1 Stunde von Queenstown entfernt im Central Otago liegt) einen Hüttentipp bekommen. Wir haben uns nach Cardrona aufgemacht, um diese hochgelobte Hütte zu finden. Landschaftlich ist die Gegend komplett anders als Fjordland. Das hohe goldene Tussockgras und einige undefinierbare Felsformationen bestimmen die Hochebene. Die Schafe, die im Sommer wohl über die gesamte Fläche verteilt sind halten sich aufgrund des nahenden Winters inzwischen relativ weit unten im Tal auf. Die Meg Hut – ein echtes Schmuckstück. Eigentlich wollten wir auch nur eine Nacht dort bleiben. Aber weil wir unser Auto entgegen unserer Erwartungen doch relativ schnell verkauft hatten, haben wir Zeit und Ruhe gewonnen. Und so sind wir drei Nächte geblieben, haben die Landschaft genossen, Feuerholz gesägt und gesammelt, die Gegend erkundet und jeden Abend gemütlich am warmen Feuer gesessen. Wie gut, dass wir immer genug Essen mit auf den Berg schleppen. Und das Wasser aus dem Fluss zum Trinken geht auch nicht so schnell aus.
Goodbye Slick
Nach zwei Monaten mit unserem Auto „Slick“ war es Zeit, ihn weiterzugeben – heißt: verkaufen. Im Winter in Neuseeland gar nicht so einfach, denn neue Reisende kommen kaum an. Unsere Strategie: das Auto in Queenstown verkaufen, wo bald die Wintersaison startet. Eine von den vielen Arbeitsbienen dort will doch sicher ein verlässliches Transportmittel haben, das ihn in die Skigebiete um Queenstown herum bringt. Allerdings ist es noch vor der Saison und noch haben nicht alle einen Job oder eine Wohnung gefunden. Und da schon in eigenes Auto investieren – schwierig. Haben wir dann auch gemerkt. Aber wir haben uns auch gesagt, es muss ja nur einer kommen und es haben wollen. Dieser eine war durch Zufall schnell gefunden. Sehr gute vor Ort Präsentation inkl. Werbeplakat haben es möglich gemacht. Denn mit unseren „For Sale“-Schild haben wir uns auf einen Parkplatz mitten in Queenstown positioniert. Natürlich direkt neben einen Free-Wifi-Hotspot, damit es nicht langweilig wird. Und nach nicht einmal 15 min klopfte Mike ans Fenster. Der Fisch hatte angebissen und musste mit einer Testfahrt nur noch an Land gezogen werden. Punkt, Satz, Sieg! Mike ist nämlich für die Wintersaison in Queenstown, hat schon einen Job und eine Wohnung und brauchte nur noch ein Auto, um in die Skigebiete zu kommen. Stefan hat den Wagen großartig verkauft. Jeder, der mit Stefan schon einmal ein Geschäft gemacht hat, weiß, dass er gebrauchte Dinge, also auch ein Auto mit 1996er Baujahr, als fast neuwertig verkaufen kann. Und so haben wir in Queenstown Abschied von unserem Slick genommen.
Queenstown
Vor neun Jahren war Julia schon einmal in Queenstown. Wieder zurück zu kommen war schon irgendwie ein merkwürdiges Gefühl. Der erste Eindruck: Queenstown platzt aus allen Nähten. Hotels sprießen wie Pilze aus dem Boden und Buchungsagenturen gibt es wie Sand am Meer. Der Boom ist wohl noch nicht vorbei. Wo vor neun Jahren noch Farmland war, stehen heute ganze Häusersiedlungen. Für alle, die Queenstown nicht kennen: Es ist das Outdoor und Action Eldorado Neuseelands. Alles, was den Adrenalinspiegel ansteigen lässt, gibt es in Queenstown käuflich zu erwerben. Bungee-Jumping, Rafting, Speedboat Fahren, Fallschirmspringen – und das ist nur eine kleine Auswahl der Attraktionen. Die Adventureanbieter sind durchaus kreativ bei der Erfindung neuer actionreicher Angebote und Kombipakete. Queenstown versorgt seine Gäste mit dem Rundum-Sorglos Paket gegen Langeweile, wenn man das entsprechende Kleingeld zur Hand hat. Und irgendwie kommt es einem vor, als wenn der Adrenalinkick genau diejenigen anspricht, die diesen Kick als einmalige, unvergessliches Erlebnis brauchen, die sonst ein eher ruhiges Leben führen, das selbst in der Freizeit nur wenig Action zu bieten hat. Auch wenn das alles sicher einmalig und unvergesslich ist, im Winter oben auf dem Berg zu stehen und die erste Spur in den frisch gefallenen Schnee zu ziehen, oder im Meer eine Welle beim Surfen zu bekommen, auf die man eine gefühlte Ewigkeit gewartet hat und bei der das ganze Timing endlich passt, das gibt uns beiden den Kick, das lässt das Adrenalin in unserem Körper nur so sprudeln, das ist für uns unvergesslich. Und so gab es in Queenstown für uns kein Bungee-Jumping oder Fallschirmspringen. Wir haben das Treiben von außen betrachtet und die perfekt durchorganisierte Outdoor-Action-Maschinerie in unserem Tourismuswissensrepertoire gespeichert. Und dennoch hat uns das quirlige Queenstown (wieder) in seinen Bann gezogen. Wir mussten bald wieder aufbrechen, denn sonst hätte es durchaus passieren können, dass uns die nahende Wintersaison einfach festgehalten hätte.
Für die Weiterreise haben wir spontan einen Mietwagen genommen. Der Wochenpreis für „El Cheapo“ entspricht nämlich einer Busfahrt inkl. Flughafentransfer für zwei Personen von Queenstown nach Christchurch, von wo unser Flieger zurück nach Auckland geht. Klar, Benzin kommt noch oben drauf, aber die Flexibilität, die man mit dem eigenen Auto hat, ist es uns wert.
Insgesamt haben wir in Neuseeland fast 8.000 km im Auto verbracht. Jetzt setzen wir uns wieder in den Flieger und es geht zurück in den Sommer. Die Südsee wartet und mit ihr fast drei Wochen Palmen, Strand und Meer. Wir machen Honeymoon. Dafür sind die Cookinseln schließlich bekannt.