Plötzlich ist man auf dem Yukon

Wir sind auf der Suche nach allem und nichts. Wir erwarten in Alaska die unendliche Weite, pure Wildnis und keine Menschenseele. Alaska – ein weiteres Traumziel auf einer immer länger werdenden Liste von Traumzielen. Dieses mal mehr Traumziel von Julia als von Stefan.

Es sollte in die Wildnis gehen. Die Frage war nur wie und wo. Alaska bietet so viel, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll. Das ewige Eis der Gletscher im Südosten, die abgeschiedenen Inseln der Aleuten und die unendlichen Weiten der Tundra im hohen Norden liegen nicht gerade auf einer Route. Alles geht nicht – auch nicht in vier Wochen, das war ziemlich schnell klar. Mal wieder, ein ständig wiederkehrendes Schlamassel ;-). Aber die Entfernungen in Alaska sind einfach zu groß – ohne Fliegen geht es fast nicht und die Flugpreise der zu charternden Bushplanes, sind einfach zu sportlich (1h kostet ca. 1.000 US$).

Anstatt für Beschleunigung entscheiden wir uns also für Entschleunigung. Lieber auf eine Sache konzentrieren und die dann aber richtig machen.

Paddeln

Die nicht motorisierte Version des Weitreisens in Alaska heißt Kanufahren. Eine Frau, ein Mann, ein Boot. Immer schön den Fluss runter. Stellt sich nur noch die Frage nach dem Fluss. In Alaska gibt es nämlich einige davon. Große, kleine, lange und kurze Flüsse, wild oder gemächlich. Länge (unser Trip sollte mind. 2 Wochen dauern, dass setzte für uns mindestens 400 km Paddeln voraus), Erreichbarkeit (aus Kostengründen sollte Ein- und/oder Ausstieg über eine Straße erreichbar sein – siehe oben), Wildwasserschwierigkeitsgrad (in der Wildnis wollten wir unsere Komfortzone nicht unbedingt verlassen müssen, deshalb durfte der Fluss max. Stufe 2 der internationalen Wildwasserslaka von 1 bis 5 haben) und Wildlife (Tiere wollten wir natürlich auch sehen) waren unsere Auswahlkriterien. Am Ende einer Online-Offline-Querfeldeinrecherche wurde der Beaver Creek im Interior zum Sieger gekürt: 600 km in 3 Wochen, von den White Mountains im Interior Alaskas bis zum Yukon River Crossing am Dalton Highway.

Gesagt getan. Ziemlich schnell hatten wir Andy gefunden – Google macht es möglich: www.alaskabackcountry.net . Er hat uns das Kanu und den Transport angeboten – und zwar zu einem für uns realisierbaren Preis. Andy war ein Glücksgriff. Wir konnten uns zu 100 % auf ihn verlassen. Sollte irgendjemand mal einen Backcountry Trip mit oder ohne Guide in Alaska planen – Andy ist der Mann!

Das Wetter stand nicht auf unser Kriterienliste. Wir hatten den Zeitraum mit Anfang bis Ende Juli als gut befunden. Der Sommer im Interior gilt schließlich als stabil und für eventuelle Regentage hatten wir uns in Kanada mit neuen Regenklamotten und Gummistiefeln ausgerüstet. Mit Hochwasser hatte jedoch keiner gerechnet. Aber warum sollte der Start einer längeren Tour bei uns auch einmal pünktlich klappen. Richtung Everest sind wir wegen Krankheit und Schlechtwetter knapp 4 Tage später als geplant gestartet und den Seakajak Trip in Palawan mussten wir wegen einer Taifunwarnung um eine ganze Woche verschieben. So dann auch diesmal. Die Empfehlung nach drei Tagen Dauerregen in Fairbanks lautete: Warten, oder eben den Fluss wechseln.

Wir haben einfach beides kombiniert. Der geplante Trip (Beaver Creek) wurde gekürzt (von drei auf zwei Wochen) und ein zusätzlicher Fluss-Trip wurde vorgeschoben. Und plötzlich ging es auf den Yukon. Mit insgesamt 3.187 km der längste Fluss in Alaska. Andy hatte die Strecke von Eagle bis Circle vorgeschlagen und uns natürlich auch für diesen Trip mit Boot und Transport versorgt. Knapp 260 km in 5 Tagen. Hörte sich nach einer guten Alternative an. Wer will denn nicht einmal auf dem Yukon durch Alaska paddeln? Der Yukon ist aufgrund seiner Größe weniger anfällig für Hochwasser und war für uns außerdem eine gute Einstimmung auf die Wildnis.

Goldgräberstimmung

Das Yukongebiet steht für Goldrausch. In den Hochzeiten Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts waren tausende Abenteurer in der Region unterwegs auf der Suche nach Gold. Noch heute wird in Alaska Gold geschürft. Unser Trip entwickelte sich unerwartet zu einer geschichtlichen Spurensuche. Schon alleine die Fahrt von Fairbanks nach Eagle durchs Interior war der Wahnsinn. Plötzlich gibt es einfach nur noch die Weite. Wälder so weit das Auge reicht und dazwischen immer wieder alte und neue Spuren der Goldsuche. Und spätestens als wir in das Örtchen Chicken kamen, kam auch bei uns Golgräberstimmung auf. Als wir dann auf dem Fluss von Eagle Richtung Circle unterwegs waren, wurde es noch besser. Im Yukon-Charley Rivers National Park Reserve lassen sich viele Relikte von den Anfängen der industriellen Goldsuche finden. Alte Dampfmaschinen und Schwimmbagger stehen so wie sie einst auch verlassen wurden in der Wildnis rum. Meist ganz nah am Yukon. Man muss sie nur finden. Der Ranger vom kleinen Nationalparkzentrum in Eagle ist gerne behilflich bei der genauen Angabe der Fundstellen (GPS ist hier durchaus von Vorteil). Obendrauf gibt es natürlich noch ein paar Geschichten und Unmengen an zusammengestellten Material über Goldgräber und Übernachtungsmöglichkeiten.

Public Use Cabins

Wo gibt es das noch – ein Nationalpark, der keinen Eintritt kostet und in dem es auch noch kostenlose Übernachtungsmöglichkeiten in Hütten gibt? Das Yukon-Charley Rivers National Park Reserve scheint noch nicht vom Massentourismus eingenommen worden sein. Wie auch? Man kommt nur mit dem eigenen Boot hin. Aufgrund der Bekanntheit des Yukons haben wir natürlich immer wieder ein paar Paddler getroffen, aber die meisten bleiben in ihren Zelten auf den Kiesbänken am Fluss. In 3 von 5 Nächten haben wir das Angebot der Public Use Cabins genutzt. Dies machte den Trip neben der Goldgräbergeschichte zusätzlich unerwartet abwechslungsreich. Die kleinen Hütten liegen meist nahe des Flussufers und sind sehr individuell eingerichtet. Man kann die Cabins kaum zusammenfasend beschreiben, denn die Ausstattung und Atmosphäre reicht von sehr rustikal bis sehr persönlich. Aber alle Hütten verfügen über einen Ofen, eine Koch- und Schlafmöglichkeit und natürlich über ein bärensicheres Depot. Im Sommer kommen die Gäste mit dem Kanu, im Winter mit dem Skidoo. Für Notfälle hat der National Park Servive an jeder Hütte eine Notfallbox installiert, die von Schlafsack über Kocher und einige Essensrationen alles für ein paar Tage Überleben in der Wildnis bereit hält.

Nach einer Woche auf dem Yukon haben wir Andy in Circle wieder getroffen. Dort konnten wir auch kurz unsere Kameraakkus aufladen. Und nach nur ein paar Stunden im ziemlich rustikalen kleinen Circle ging es direkt zum nächsten Abenteuer. Wir sind von Circle bis an die Einstiegsstelle zum Beaver Creeks gefahren, die etwa 3 Autostunden von Circle entfernt liegt. Der Wasserstand am Beaver Creek hatte sich wieder normalisiert. Andy hatte auch unsere Vorräte für den zweiten Trip dabei. Wir hatten diese nach dem Großeinkauf in Fairbanks eine Woche vorher bei ihm lagern können. Was uns besonders gefreut hat: Er hatte frische Äpfel und Bananen mitgebracht, über die wir vor einer Woche nur laut nachgedacht hatten. Wichtig für unseren Vitaminhaushalt und unser tägliches Frühstück.

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